Feuerwehr-Übung demonstriert Potenzial der Digitalisierung im Bereich der zivilen Gefahrenabwehr
Einsatzkräfte von Feuerwehr und anderen Gefahrenabwehrorganisationen benötigen einen schnellen, einfachen und zielgerichteten Zugriff auf alle relevanten Informationen, um jederzeit die bestmögliche Hilfe für die Bevölkerung anbieten zu können. Viele digitale Einzellösungen sind durch unterschiedliche Bedienkonzepte und ohne Einbindung in vorhandene Systeme im Einsatzfall nur bedingt hilfreich. Eine Lösungsmöglichkeit für einen gebündelten Zugriff bietet die Vernetzung von Technologien. Wie eine solche Bündelung der Informationen aussehen könnte, wurde am 26. Mai bei einer Feuerwehrübung in Paderborn demonstriert. Die Übung war Bestandteil des Pilotbetriebs im Projekt „Integrierte Sicherheits-Pilot-Region“ (INSPIRE), das im Zuge der digitalen Modellregion Ostwestfalen-Lippe des Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen über einen Zeitraum von drei Jahren mit rund 1,5 Millionen Euro gefördert wird. Um eine integrierte Lösung für den Einsatzfall zu schaffen, vernetzt INSPIRE existierende Lösungen und neue Entwicklungen am Beispiel der Technologien Drohnen, Smart Home/Building, Personenstrom-Messung und Social Media. Das Projekt verfolgt den Ansatz offener Schnittstellen und stellt die Entwicklungen anderen Gefahrenabwehrorganisationen als freie Software zur Verfügung. Dadurch sind die Projektergebnisse erweiterbar und übertragbar, sodass gewonnene Erkenntnisse für weitere innovative Anwendungen für Einsatzkräfte und die Bevölkerung genutzt werden können.
Koordiniert wird das Projekt vom safety innovation center e.V. aus Paderborn, der zusammen mit seinen Partnern die Bedarfe und Potenziale im Bereich der Digitalisierung für die zivile Gefahrenabwehr sowohl national als auch international erforscht. Hierfür werden fortwährend Bedarfe aus der Praxis mit Potenzialen innovativer Informationstechnologien in Einklang gebracht. Die Zusammenarbeit mit der Stadt Paderborn und dem Kreis Paderborn ermöglicht die Forschung anhand eines typischen Abbildes von Gefahrenabwehrstrukturen und Sicherheitsszenarien vieler Regionen in Deutschland, bei dem ein gebiets- und organisationsübergreifender Austausch von Informationen von großer Bedeutung ist.
In INSPIRE zeigt sich der safety innovation center e.V. für das Gesamtkonzept verantwortlich. Um die oben genannten Technologien mit existierenden Lösungen und potenziellen neuen Entwicklungen zu vernetzen, entwickelt er den INSPIRE.hub, in dem eingehende Daten intelligent verarbeitet werden. In der Praxis können diese Daten beispielsweise für eine frühzeitige Gefahrenerkennung oder die automatische Einleitung von Reaktionsmechanismen hilfreich sein. Dem Anwender in der zivilen Gefahrenabwehr werden diese einsatzrelevanten Informationen daraufhin gebrauchstauglich in der INSPIRE.app bereitgestellt. Der safety innovation center e.V. bearbeitet weiterhin den Bereich Social Media, bei dem als zusätzliche Datenquelle Social-Media-Kanäle eingebunden werden, die gleichzeitig als Kommunikationsmöglichkeit zwischen Einsatzkräften und Bevölkerung dienen.
Die Integration des Bereiches Smart Home/Building übernimmt die Symcon GmbH. Durch ihre Erfahrungen in der Gebäudeautomation und der Integration von Smart-Home-Lösungen unterschiedlicher Hersteller können innovative Sicherheitsanwendungsfälle vernetzter Smart Homes/Buildings in INSPIRE untersucht werden. Der Bereich der Personenstrom-Messung wird durch die RTB GmbH & Co. KG realisiert. Er beinhaltet die Messung von Personenströmen und die Erkennung gefährlicher Situationen. Mit Erfahrungen bei der Herstellung und dem Einsatz von Drohnen für Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS), übernimmt der Partner Condor Multicopter & Drones GmbH zusammen mit der Germandrones GmbH im Projekt INSPIRE die Technologie Drohnen, mit der das Lagebild der Gefahrenabwehrorganisationen um hochwertige und aktuelle Informationen ergänzt wird. Die Fachgruppe Computeranwendung und Integration in Konstruktion und Planung (C.I.K.) der Universität Paderborn ist in INSPIRE für die Erprobung sowie Qualitätssicherung verantwortlich und ordnet die Umsetzung der Projektergebnisse in den Forschungskontext ein.
Zusammen mit der Vernetzung innovativer Technologien bilden die Aspekte Offenheit und Pilotbetrieb die zentralen Ziele des Projektes. Die Offenheit steht dabei für die Orientierung an formellen und informellen Standards. Durch eine festgelegte Beschreibung von Interaktionswegen zwischen Technologien kann ein bestehendes System ergänzt werden, ohne dafür zusätzliche Anwendungen einzusetzen. Der Pilotbetrieb in Paderborn ermöglicht die praktische Demonstration der Projektergebnisse und Erprobung der Gebrauchstauglichkeit. Er ist erweiterbar und kann auf andere Regionen übertragen werden.
In Zuge dieses Pilotbetriebes fand die Übung am 26. Mai mit allen Projektpartnern, der Stadt Paderborn, dem Kreis Paderborn und der Feuerwehr Paderborn beim Smart Home Paderborn e.V. statt. Dort wurde der Einsatzleiter der Feuerwehr durch INSPIRE unterstützt. Ein unscheinbarer Alltagsgegenstand war der Ausgangspunkt für einen angenommenen Hausbrand. Da der Hausbesitzer nicht vor Ort war, erhielt er dank der Smart Home/Building Technologie eine sofortige vorkonfigurierte Nachricht über den Brand, die er als Notruf an die Feuerwehr weiterleitete. Er gab dann der Feuerwehr unter Berücksichtigung des Datenschutzes Informationen aus dem Haus frei. An der Einsatzstelle gewährte die vorausfliegende Drohne dem Einsatzleiter einen ersten Einblick des Geschehens aus der Vogelperspektive. Im weiteren Projektverlauf ist ein automatisierter Flug der Drohne von der Feuerwache zur Einsatzstelle geplant. Die INSPIRE.app ermöglichte es, dass die Einsatzkräfte bereits auf der Anfahrt einen Zugriff auf relevante Informationen der Einsatzstelle erhielten. So verschafften sie sich vor Eintreffen mit der integrierten Karte einen Überblick über die Umgebung, machten relevante Hydranten für die Löschwasserentnahme ausfindig, konnten Straßensperrungen umfahren und insbesondere den Aufenthalt zweier Personen im Haus erkennen. An der Einsatzstelle angekommen, begann die Feuerwehr aufbauend auf diesen Informationen zunächst gezielt mit der Menschenrettung vor Ort. Durch die INSPIRE.app konnte der Einsatzleiter dem vorgehenden Trupp den letzten gemeldeten Aufenthaltsort der vermissten Personen zeigen, die daraufhin erfolgreich gerettet wurden. Anschließend folgte die Brandbekämpfung, bei welcher der Einsatzleiter die Drohne über das Haus steuerte, um mithilfe der Wärmebildkamera eventuelle Glutnester aufzuspüren. Mit der erfolgreichen Rettung der Personen und der Bekämpfung des Feuers galt die Übung als abgeschlossen.
Mit dieser Übung ist der Anfang für den langfristig ausgerichteten Pilotbetrieb gemacht. Als nächster Schritt wird nun ein dauerhafter Betrieb bei der Feuerwehr Paderborn vorbereitet. Nach dem Aufsetzen eines eigenen Servers wird die INSPIRE.app den Führungskräften der Feuerwehr schrittweise zur Verfügung gestellt und um Module erweitert. Parallel sind weitere Übungen für die praktische Erprobung in der Planung. Eine Übung im Herbst soll den Fokus auf die Bereiche Personenstrom-Messung und Social Media legen. Mit der Evaluation des Pilotbetriebs wird damit die grundlegende Fragestellung bearbeitet, wie die Übertragung auf andere Organisationen erfolgt. Wenn Interesse besteht, als Anwender oder Technologieanbieter bei INSPIRE oder auch für andere Projekte im Bereich „Digitalisierung für die zivile Gefahrenabwehr“ teilzuhaben, kann der Kontakt über hergestellt werden.
Mehr Informationen zum Projekt gibt es auf: www.INSPIREprojekt.de
#INSPIREprojekt
Bildquelle: safety innovation center gGmbH